Der Second Meal Effect: Der Einfluss von Hülsenfrüchten auf Blutzucker & Gewicht

Der Second Meal Effect ist ein relativ unbekanntes Phänomen, weshalb ich ihn dir in diesem Blogpost etwas genauer vorstellen möchte. Vermutlich hast du schon davon gehört, dass unterschiedliche Lebensmittel den Blutzuckerspiegel unterschiedlich schnell und stark ansteigen lassen und vielleicht hast du in diesem Zusammenhang auch schon mal vom sogenannten „Glykämischen Index“ gehört.

Es ist bei Weitem keine Neuheit, dass Weißmehl & Zucker deinen Blutzuckerspiegel sehr stark ansteigen lassen, wohingegen sich vollwertige unverarbeitete Lebensmittel positiv auf diesen auswirken. 

Wäre es aber nicht wunderbar, wenn du mit einer gesunden Mahlzeit nicht nur kurzfristig, sondern sogar langfristig deinen Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen kannst?

Genau das ermöglicht dir der Second Meal Effect!

In diesem Artikel werde ich dir den Effekt genauer vorstellen und folgende Fragen beantworten:

Um besser zu verstehen, welche Rolle der Blutzuckerspiegel in unserem Körper einnimmt, machen wir einen kurzen Exkurs zu unserem Stoffwechsel, genauer gesagt dem Stoffwechsel der Kohlenhydrate.

Wie unser Körper Kohlenhydrate aufnimmt

Kohlenhydrate sind im Prinzip nichts anderes als Zuckermoleküle, wobei diese sich anhand ihrer Kettenlänge unterscheiden lassen. Man spricht hier auch von der Komplexität bzw. von einfachen und komplexen Kohlenhydraten. Schokolade enthält beispielsweise einfache Kohlenhydrate in Form von Zucker, ein Apfel enthält komplexe Kohlenhydrate in Form von Ballaststoffen.

Wenn wir nun Kohlenhydrate zu uns nehmen werden diese vom Körper in ihre Bestandteile abgebaut und gelangen dann ins Blut. Dieser Prozess läuft abhängig von der Komplexität der Kohlenhydrate unterschiedlich schnell ab.

Second Meal Effect Apfel vs. Schokolade

Wie du siehst sind also Kohlenhydrate nicht gleich Kohlenhydrate. Für eine gesunde Ernährung musst du also nicht auf Kohlenhydrate verzichten, sondern solltest viel mehr die richtigen, nämlich vollwertige und komplexe Kohlenhydrate, wählen.

Nachdem die Kohlenhydrate in ihre Bausteine gespalten wurden, wird die Glukose in unser Blut transportiert und hier kommt der Blutzuckerspiegel ins Spiel. Dieser besagt nämlich nichts anderes als die Konzentration von Glukose im Blut. Naturgemäß steigt der Blutzuckerspiegel demnach an, wenn wir Nahrung zu uns nehmen.

Wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, haben die unterschiedlichen Kohlenhydrate aufgrund ihrer Zusammensetzung aber ganz unterschiedliche Auswirkungen auf unseren Blutzuckerspiegel.

Der Einfluss von Insulin auf den Blutzuckerspiegel

Der Blutzuckerspiegel wird unter anderem durch Insulin reguliert: Je mehr Zucker sich im Blut befindet, desto mehr Insulin wird ausgeschüttet. (Auf die exakten Zusammenhänge zwischen Blutzucker, Insulin & Diabetes werde ich in einem anderen Blogpost eingehen)

Die folgende Grafik zeigt den unterschiedlichen Effekt von verarbeiteten (einfachen) sowie unverarbeiteten (komplexen) Kohlenhydraten.

Um Heißhunger, einer Gewichtszunahme und Krankheiten vorzubeugen ist ein möglichst konstanter Blutzuckerspiegel bzw. Insulinspiegel optimal.

Der Einfluss des Second Meal Effect auf den Insulinspiegel

Wie genau der Second Meal Effect in diesen Prozess eingreift, werden wir uns nun im nächsten Abschnitt anschauen.

Was der Second Meal Effect im Körper bewirkt

Wie du nun weißt, lassen komplexe Kohlenhydrate (so wie sie in vollwertigen Lebensmitteln vorkommen) den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen, was sich positiv auf unsere Gesundheit auswirkt und beispielsweise der Entstehung von Diabetes Typ 2 vorbeugt.

Der Second Meal Effect besagt, dass komplexe Kohlenhydrate (welche einen niedrigen Glykämischen Index bzw. GI aufweisen) sich nicht nur direkt nach der Aufnahme positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirken, sondern auch noch die darauffolgende Mahlzeit beeinflussen! Der GI gibt dabei an, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt.

Erstaunliche Erkenntnisse aus der Wissenschaft

In einer Studie aus dem Jahr 2012 wurde der Second Meal Effect mit zwei Vergleichsgruppen nachgewiesen:

  • Gruppe 1 hat am Abend eine zuckerhaltige Mahlzeit erhalten (hoher GI)
  • Gruppe 2 hat am Abend eine Mahlzeit mit Linsen erhalten (niedriger GI)

Wie erwartet stieg der Blutzuckerspiegel bei Gruppe 1 direkt nach der Mahlzeit stärker an als bei Gruppe 2. Die überraschende und neue Erkenntnis war jedoch:

Auch beim nachfolgenden identischen Frühstück hat Gruppe 2 noch von diesem blutzuckerregulierenden Effekt profitiert!

Zum Frühstück erhielten beide Gruppen die identische zuckerhaltige Mahlzeit mit einem hohen GI. Nach bisherigem Wissen hätte sich nach dieser Mahlzeit der Blutzuckerspiegel beider Gruppen identisch entwickeln sollen. Doch die Gruppe mit dem gesunden Abendessen hatte einen deutlich geringeren Anstieg zu verzeichnen!

Eine vollwertige Mahlzeit mit komplexen Kohlenhydraten und niedrigem glykämischen Index wirkte sich also positiv auf die nachfolgende Mahlzeit aus!

In der nachfolgenden Grafik kannst du diesen Effekt nochmal visuell betrachten: Die Dreiecke stellen Gruppe 1 dar und die Vierecke Gruppe 2.

Der Second Meal Effect und seine Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel
[4]

Der Second Meal Effect als Abnehm-Faktor

Es ist schon seit längerem bekannt, dass eine Ernährung mit Lebensmitteln, welche überwiegend einen hohen GI aufweisen aufgrund einer erhöhten Insulinausschüttung zu Übergewicht und auch zu Diabetes führen kann.

Umgekehrt kann eine Reduzierung solcher Lebensmittel (z.B. Weißmehl, Zucker, Weißbrot) eine Gewichtsabnahme unterstützen.

Darüber hinaus können Lebensmittel mit einem niedrigen GI sogar die Fettverbrennung anregen – nicht nur beim Workout, sondern selbst im Ruhezustand!

Eine Studie zeigt sogar, dass Personen die bei einer Ernährung mit niedrigem GI genauso viele Kalorien zu sich nehmen, wie solche mit einer Ernährung mit hohem GI nehmen 40% weniger zu. Das entspricht fast 500g Fett pro Woche!

Das unterstreicht den wunderbaren Vorteil eine vollwertigen veganen Ernährung: Du musst keine Kalorien zählen und kannst trotzdem langfristig erfolgreich abnehmen.

 

Warum besonders Hülsenfrüchte den Second Meal Effect auslösen

Du fragst dich nun wahrscheinlich, welche Lebensmittel mit einem niedrigen GI du in deinen Alltag integrieren kannst und warum ausgerechnet Hülsenfrüchte so eine besondere Rolle einnehmen.

Im Internet findest du zahlreiche Listen mit umfangreichen Werten zum GI (z.B. hier). Wenn du aber nun vor jedem Einkauf erstmal in eine Liste schauen musst, um den GI herauszufinden, wird dir vermutlich schnell der Spaß am Essen vergehen.

Und innerhalb dieser Gruppe nehmen Hülsenfrüchte die Spitzenposition an Lebensmitteln mit einem niedrigen GI ein, was sie vor allem ihren Ballaststoffen zu verdanken haben.

Hülsenfrüchte weisen aber noch viel mehr Merkmale auf, welche sie in einer gesunden Ernährung unverzichtbar machen:

  • Sie enthalten gesunde mehrfach ungesättigte Fettsäuren
  • Sie sind reich an Proteinen (bis 50% Energieanteil!)
  • Sie sind wahrliche Vitamin- & Mineralstoffbomben (B-Vitamine, Kalium, Calcium, Eisen, Zink, …)
Second Meal Effect durch Hülsenfrüchte

Verschiedene Studien belegen, dass sich Hülsenfrüchte nicht nur positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirken, sondern auch weitere gesundheitliche Effekte mit sich bringen:

  • Ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Ein geringeres Risiko an Krebs zu erkranken
  • Eine höhere Lebenserwartung

Wie integriere ich Hülsenfrüchte im Alltag?

Hülsenfrüchte lassen sich erstaunlich leicht in die Ernährung integrieren und es muss nicht immer der Bohneneintopf sein. Zu den vielseitigen Hülsenfrüchten zählen unter anderem:

  • Erbsen
  • Grüne Bohnen
  • Kichererbsen
  • Mungobohnen
  • Linsen
  • Sojabohnen

Hinweis: Zwar lässt sich auch Tofu zu den Hülsenfrüchten zählen (da er großteils aus Sojabohnen besteht), da er aber durch die Verarbeitung kaum mehr Ballaststoffe enthält, geht der Second Meal Effect leider verloren. Trotzdem ist Tofu eine super gesunde und kalorienarme Proteinquelle!

Eines meiner absoluten Lieblingsrezepte mit Hülsenfrüchten ist dieser Linsen-Süßkartoffel-Eintopf (Rezept auf Englisch). Zukünftig wirst du auch auf meiner Webseite eine stetig wachsende Rezept-Datenbank finden, welche natürlich auch viele Rezepte mit Hülsenfrüchten beinhalten wird, damit du den Second Meal Effect voll ausnutzen kannst!

Wie kann ich Blähungen durch Hülsenfrüchte vermeiden?

Leider geben viele relativ schnell auf, wenn sie mehr Hülsenfrüchte in ihre Ernährung integrieren, was in der Regel an Verdauungsproblemen und insbesondere Blähungen liegt.

Die Blähungen werden durch den Ballaststoff „Raffinose“ verursacht. Dieser kann von unserem Körper nicht verdaut werden und wird erst im Dickdarm durch Bakterien abgebaut. Bei diesem Prozess entstehen Gase, welche die Blähungen verursachen.

Anstatt aber die gesunden Hülsenfrüchte zu beschränken gibt es einige Dinge die du beachten kannst, um sie besser verdaulich zu machen:

Praktische Alltagstipps für den Second Meal Effect

Nun hast du jede Menge darüber gelernt, wie der Second Meal Effect den Blutzuckerspiegel beeinflusst und was das für deine Ernährung bedeutet – ein super Grundstein für eine noch gesündere Ernährung! Damit du das Wissen dieses Artikels auch im Alltag einfach umsetzen kannst, habe ich hier noch in aller Kürze ein paar praktische Tipps für dich:

Wenn du dir darüber hinaus noch mehr Unterstützung auf deinem Weg zu einer gesunden Ernährung haben möchtest oder ein ganz bestimmtes Anliegen hast, kannst du dich gerne über meine Vegane Ernährungsberatung informieren und mich für ein kostenloses Informationsgespräch kontaktieren.

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Quellen & Literatur

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[4] Fletcher JA, Perfield II JW, Thyfault JP, Rector RS (2012). The Second Meal Effect and Its Influence on Glycemia. J Nutr Disorders Ther

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[13] Zhang, H.-M., Zhao, L., Li, H., Xu, H., Chen, W.-W., and Tao, L. (2007). Food, nutrition, physical activity and the prevention of cancer: a global perspective: a project of World Cancer Research Fund International (Washington, D.C: American Institute for Cancer Research).

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